Blankeneser Pfahlewer

Ein Projektbericht von Jan D. Koch

Grund für den Bau

Bei der Forschung nach meinen Ahnen hatte ich festgestellt, dass meine männlichen Vorfahren mütterlicherseits nahezu ausschließlich mit der Fischerei bis in das 17. Jahrhundert zurück in Blankenese befasst waren. Ohne genau zu wissen, wie diese frühen Fischereifahrzeuge des Ortes ausgesehen hatten, war mir der Wunsch sofort gegenwärtig, ein schwimmfähiges Modell aus der Zeit zu bauen.

Mein Modell des Blankeneser Pfahlewers wird nach seiner Fertigstellung dem Typus im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert entsprechen. Ausgestattet wird es mit einer Fernsteuerung.

Historie

Erste Hinweise über Elb-Fischerei von Blankenese aus gibt es aus dem Jahr 1325. Über Streitigkeiten mit Hamburger Fischern wird im 16. und 17. Jahrhundert geschrieben.

Im 'Schleswig-Holsteinischen Provinzialbericht' von 1787 aus Pinneberg wird erstmalig unter anderem über den Blankeneser Pfahlewer berichtet und zwar:

•          dass diese Ewer in der Nordsee mit Treibnetzen auf Plattfische, wie Scholle, Butt und Seezunge gefischt haben,

•          dass die gefangenen Fische lebend (durch den mit Wasser durchfluteten Bünn, im unteren Bereich, des sonst offenen Achterschiffes) bis nach Holland und England gebracht und verkauft wurden,

•          dass sie eine Länge von ca. 15 m und eine Breite von ca. 3 m hatten, die Enden spitz zuliefen, der Boden platt und der Bug besonders hochgezogen war und im Bugbereich eine Kajüte für drei Mann Besatzung war,

•          dass sich beidseits des Rumpfes Seitenschwerter befanden und ein Ruder am Achtersteven,

•          dass mit einem Schrägrahsegel am Pfahlmast gesegelt wurde, der keine Wanten hatte - ergänzt durch eine kleine Fock,

•          dass es zur Zeit des Berichtes in Blankenese ca. 140 Pfahlewer gab,

•          dass im Herbst und Winter in der eisfreien Elbe mit Hamen nach Stint in der Elbe gefischt wurde.

Das Ende des 18. Jahrhunderts war gleichzeitig der Höhepunkt für die Fischerei mit diesen Fahrzeugen. Es setzte sich dann mehr und mehr die Fischerei mit Schleppnetzen durch, die mit dem einmastigen Pfahlewer nicht durchgeführt werden konnte. Es kamen danach die 2-mastigen Ewer auf.

Unterlagen

Damit begannen die Schwierigkeiten: Es gibt, bis auf einen Bauplan eines Blankeneser Pfahlewers von 1800 (1978 nach Daten aus dem Archiv des Altonaer Museum, Hamburg, gezeichnet), keinen einzigen Plan oder eine Zeichnung aus der Zeit davor.

Eine Darstellung eines 'Ewers' gibt es von 1692 als Fensterbild und einige Aquarelle von 1818 / 1823 (aus dem Buch 'Alt-Blankenese in 200 Bildern' von G. Kirsten, 1912).

Ein Modellfoto existiert von einem Blankeneser Pfahlewer (von 1764) aus dem Altonaer Museum. Dieses Modell ist aber leider im 2.Weltkrieg verbrannt. Da der Maßstab des Modells bekannt war, konnte es vermessen werden (G. Timmermann 'Vom Pfahlewer zum Motorkutter').

Ein Linienriss eines Pfahlewers von 1800 wurde nach einem Blockmodell von G. Junge, Wewelsfeth, gezeichnet.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde ein Linien- und Segelriss entwickelt (G. Timmermann 'Vom Pfahlewer zum Motorkutter')  sowie ein neues Modell eines Ewers aus der Zeit um 1850 im Maßstab 1:5 gebaut (im Altonaer Museum ) - aus einer Zeit, die leider nach dem Höhepunkt  der Blankeneser Fischerei mit Pfahlewern zum Ende des 18. Jahrhunderts lag.

Die einzige zeitgenössische Beschreibung eines Pfahlewers in seiner Gesamtheit ist nur in dem obengenannten 'Schleswig-Holsteinischen Provinzialbericht' von 1787 aus Pinneberg enthalten.

Der obige Bauplan und die Fotos, die ich dankenswerter Weise von dem Altonaer Modell  aufnehmen durfte, sowie Hinweise aus dem Provinzialbericht und weitere Literaturquellen zur Historie des Fischfangs in Blankenese, sind die Basis für mein Modell. 

Material und Bau

Der Ewer wird im Maßstab 1: 10 - soweit wie irgend möglich aus Holz erstellt.

Folgende Holzsorten wurden verarbeitet: Kiefer, Birne, Buche, Eiche, Red-Cedar und in ganz kleiner Menge Ebenholz zwischen den Decksplanken des Vordecks  (statt der Kalfaterung).

•          Kiefer, besonders für die Kielplatte, mit Bohrungen für den Bünn, 3-fach verleimt und auf dem Helgen über Pallen in Form gebracht, für die geschäfteten Berghölzer, das herausnehmbare Vordeck, der Mast (aus vier Leisten verleimt) und diverse Leisten

•          Buche für Wrangen

•          Birne für die Spanten (ohne den Hauptspant) und Schweften

•          Eiche für den Haupt- und Nebenspant als Rahmen für die Mastaufnahme, für Seitenschwerter und Ruder (jeweils 3-fach verleimt), Vor-und Achtersteven mit Knien (2-fach in 10mm Stärke verleimt)

•          Red-Cedar für die geschäfteten Planken und diverse Einbauten

Die Seitenplanken und die Berghölzer werden durch schwarzen Karton gegeneinander abgedichtet (war im Original 'Teerfilz'), auch im Bereich der Schäftungen, die immer so verteilt sind, dass die jeweiligen Enden auf einem Spant liegen und über alle Spanten im Mittschiffsbereich verteilt sind – keine 2 Schäftungen auf einem Spant!

Geleimt wird mit wasserfestem Kaltleim und Sekundenkleber (dieser wird auch teilweise punktuell bei Kaltleimungen eingesetzt, damit letztere in Ruhe unter Fixierung aushärten können).

Als ein großes Problem stellt sich die Tatsache heraus, dass die Spanten nur einzeln, ohne Mittenlinie gezeichnet sind. Damit können nicht, wie gewohnt, die Spanten auf einen Kiel aufgesetzt werden, sondern müssen exakt zusammen gesägt und sehr genau auf die Kielplatte geleimt werden. Um die Außenform in Deckshöhe zu bekommen, habe ich zuerst nur die Spanten 3, 9, 12 und 14 aufgestellt, um danach das obere Bergholz zu montieren. Damit ergibt sich die Außenkontur und die restlichen Spanten können an der richtigen Stelle eingepasst werden. Die Mittschiffslinie muss ständig kontrolliert werden. Bei der Beplankung wird dann doch hin und wieder nachgearbeitet, damit vor allem an den scharfen Kanten, z.B. zwischen dem unteren Bergholz und den darunter liegenden Seitenplanken, keine 'Beulen oder Einbuchtungen auftreten. Die Linien müssen am Ende wirklich alle zueinander 'straken'.

Baubeginn war 2. Quartal 2015. Mein Ziel ist es, den segelfähigen Ewer im Mai 2020 am Degersee zu haben.

Die Bilder zeigen den Fortgang der Arbeiten, eine Kopie eines Aquarells aus dem Jahr 1818 (Quelle siehe oben) und den bereits erwähnten Seigelriss.

Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzinformationen